Welche Menschen nennen wir heutzutage „glückliche“ Menschen? Glückliche Menschen sehen gut aus, machen Urlaub an Traumstränden, leben in materiell mehr als gesicherten Verhältnissen. Geld macht glücklich, bestätigen die Glücksforscher. Da braucht man nicht lange zu grübeln, dass Existenzsorgen und die Frage, ob man nächsten Monat noch Arbeit hat oder die Miete bezahlen kann, die Lebenszufriedenheit niederdrücken, unglücklich stimmen. Materieller Wohlstand gilt als Maßstab für ein gutes Leben. Aber sind Wohlstand und sogar Gesundheit schon das Glück?
In seiner Feldrede (bei Matthäus heißt es „Bergpredigt“) nennt Jesus andere Menschen glücklich: Arme, Hungernde, Weinende, Menschen, die wegen ihres Glaubens geschmäht oder sogar verfolgt werden. Jesus nennt also Menschen glücklich, die in unserer Gesellschaft am Rande stehen, in den Augen der meisten Menschen bedeutungslos sind. Gerade an sie wendet sich Jesus und nennt sie „glücklich“, nicht weil sie arm, hungrig, traurig sind, sondern, sondern weil gerade sie in den Augen Gottes Bedeutung haben, weil Gott auf ihre Seite steht. Sie sind nicht hoffnungslos verloren, im Gegenteil: Jesus macht ihnen Hoffnung, stärkt ihr Selbstwertgefühl, das sie vielleicht verloren haben.
»Euer Lohn im Himmel wird groß sein!« Dieser Satz ist jahrhundertelang falsch verstanden worden, im Sinne von: „Jetzt geht es dir schlecht, aber wenn du dein Elend und die empfundene Ungerechtigkeit mit Geduld erträgst, wirst du später, im Jenseits, eine Ewigkeit lang, entschädigt werden.“ Eine Vertröstung auf ein Jenseits also. Das hat Jesus sicher nicht gemeint. Mit dem Reich Gottes meint er nicht ein „Leben nach dem Tod“, den Himmel, sondern eine Gesellschaft, eine Gemeinschaft, wo Menschen wirklich an Gott glauben, sich an Gott orientieren, miteinander im Sinne Gottes leben. Dort „herrscht“ Gott. In diesem Reich Gottes gelten andere Regeln als in der heutigen Gesellschaft. In so einer Gemeinschaft können Arme, Hungernde, Weinende, von anderen ungerecht Behandelte spüren, dass Gott zu ihnen steht, das sie nicht ‚verloren‘ sind, weil wir ihnen helfen, sie unterstützen, trösten, sie ernst nehmen, ihnen das Gefühl geben, dass sie trotzdem wertvoll sind. Wo das geschieht, wird Gottes Herrschaft, Gottes Reich erfahrbar durch uns. Gott wirkt in und durch Menschen, die an ihn glauben. Das Reich Gottes, schreibt Paulus später in seinem Römerbrief, ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist - also durch unsere Verbundenheit mit Gott. (Röm 14,17)
Und um das noch schärfer, kontrastreicher auszudrücken, fügt Jesus hinzu: Die Reichen aber, diejenigen, die jetzt durch Überfluss übersättigt sind, die glauben, dass sie wer sind und sich alles erlauben können, weil sie reich sind, einen großen materiellen Wohlstand haben, viel Geld, und deswegen von allen gelobt, bewundert werden ... sie sollen sich fürchten, weil sie nur auf sich selbst vertrauen und glauben, Gott nicht zu brauchen. Wer sich im Leben an Gott hält, Vertrauen zu ihm hat, braucht nicht immer auf der Suche nach Selbstbestätigung zu sein. Sein Selbst-wertgefühl ist stark, weil er sich von Gott geliebt weiß. Gott nimmt ihn ganz an, so wie er ist. Eine frohe, aufbauende Botschaft, die Jesus uns da bringt. Eine Zusage, die Mut zum Leben macht.